Beleidigung eines ausländischen Staatsoberhauptes

Wegen eines Gedichtes über Ziegen soll Böhmenmann wegen Beleidigung eines ausländischen Staatsoberhauptes vor Gericht
Böhmermanns Ziegen Gedicht wird zur Staatsaffäre

Kommt Ihnen das irgendwie bekannt vor?

Am 15. Februar 1987 war abends Rudi Carrell im Fernsehen, das passierte damals öfter. Die Sendung hieß "Rudis Tagesshow" und gezeigt wurden an diesem Abend verschleierte Frauen, die dem iranischen Revolutionsführer ihre BHs und Schlüpfer zuwarfen.

Carrell kommentierte dazu: "Ayatollah Khomeini wird von der Bevölkerung gefeiert und mit Geschenken überhäuft."

Die eine Hälfte der Zuschauer fand das vermutlich lustig, die andere Hälfte fand es vielleicht dämlich. Aber schon in den 80ern waren wir in Deutschland an die Auswirkungen weitgehender Meinungs-, Presse- und Kunstfreiheit so sehr gewöhnt, dass wir uns über so etwas einfach nicht mehr aufregen konnten. 15 Minuten nach der Sendung hätte sich das allerdings beinahe geändert – so rasch nämlich beschwerte sich der Botschafter der Islamischen Republik Iran beim Auswärtigen Amt über den Beitrag, der religiöse Gefühle verletzt habe. Im Iran wurde der deutsche Botschafter einbestellt, man verlangte eine offizielle Entschuldigung der Bundesregierung. Den eigenen Botschafter zog der Iran ab, die Generalkonsulate in Hamburg und Frankfurt wurden geschlossen. Flüge nach Deutschland wurden durch Iran-Air eingestellt. Alle regten sich auf, nur Kohl, der blieb cool. Die Bundesregierung verwies einfach auf die Meinungsfreiheit. Man halte den Sketch zwar für geschmacklos, könne sich aber nicht für etwas entschuldigen, das man nicht zu verantworten habe. Chapeau! Die hatten damals noch Nerven!

Aber klar, im kalten Krieg hatte man sich eben ein dickes Fell zugelegt, das heutzutage scheinbar viel dünner geworden ist.

 

Der Wunsch der Türkei, man möge den Satiriker Böhmermann aufgrund seines Gedichtes über Ziegen wegen Beleidigung eines ausländischen Staatsoberhauptes nach § 103 StGB vor Gericht stellen, ist also nicht der erste Fall seiner Art.

 

Auch Papst Benedikt XVI. stand übrigens in seiner Position als Regierungschef des Vatikan schon im Kreuzfeuer von beleidigenden Kunstschaffenden und staatsoberhauptschützenden Ermittlern. Beim Christopher-Street-Day 2006 fuhr ein als „Papamobil“ betiteltes Gefährt mit einer Papstpuppe mit. Auf Porträts war der Papst geschminkt mit Aids-Schleife und Kondomen zu sehen. Darunter Schriftzüge wie: „Homosexualität ist eine schwere Sünde!“ Wegen des Anfangsverdachtes der Begehung einer Straftat nach § 103 StGB forderte die Polizei, die Papstpuppe zu entfernen. Das Ermittlungsverfahren wurde jedoch auch hier eingestellt, da ein Strafverlangen der ausländischen Regierung nicht vorlag. Genauso im Sande verlief ein Verfahren gegen den Lichtkünstler Oliver Bienkowski, der im Juli 2013 mittels eines digitalen Beamers den Schriftzug „United Stasi of America“ an die US-Botschaft in Berlin geworfen hatte.

 

Sollte sich wegen der „Böhmermann-Affäre“ an der gelassenen Einstellung unserer Republik zu Politikerwitzen freilich nun etwas ändern, so könnten viele Zeitungs-Karikaturisten demnächst auf Gerichtszeichner umschulen müssen. Der Job ist einfach weniger gefährlich.

 

Weitere Rechts-Kolumnen finden Sie unter: www.paprottas-paragrafen.de

Kommentare: 1 (Diskussion geschlossen)
  • #1

    Uwe Dultz (Montag, 18 April 2016 20:21)

    Guten Tag Herr Paprotta,
    vielen Dank für den Beitrag! Das Verhalten von Frau Merkel im Fall Böhmermann kann ich absolut nicht verstehen. Wo soll das noch hin führen? Das wars wohl mit der freien Meinungsäußerung... Schön zu lesen, dass es bisher auch andere Lösungen gab.

    Wir verfolgen seit einiger Zeit gespannt Ihren Blog! Die neue Homepage gefällt uns auch sehr gut!
    Viele Grüße an das Kanzlei Team,
    Familie Dultz