
Letzte Woche erhielt ich aus dem Kreise meiner Familie die Nachricht, dass ein junges Paar sich – unter äußerst romantischen Umständen! – verlobt hat. Ich glaube, nur ein Jurist kann übrigens wirklich beurteilen, wie enorm weitreichend eine solche Entscheidung für das gemeinsame Leben ist.
Natürlich, auf der einen Seite stehen Gedanken wie Heirat, Kinder, miteinander durch Dick und Dünn gehen und zusammen alt und glücklich werden. Aber so ein Verlöbnis, das ist auch ein knallharter Vertrag. Wobei, sagen wir einmal, es ist ein eher halbseidener Vertrag mit einigen echten Schwachstellen.
Zum Beispiel heißt es in § 1297 BGB: „Aus einem Verlöbnis kann kein Antrag auf Eingehung der Ehe gestellt werden“. Einklagen kann man den ewigen Bund also schon einmal nicht! Und auch die Schadenersatzklauseln kommen als reichlich zahnloser Tiger daher.
Das BGB von 1900 zeigte noch klare Kante: „Hat eine unbescholtene Verlobte ihrem Verlobten die Beiwohnung gestattet, so kann sie, wenn die Voraussetzungen des § 1298 oder des § 1299 vorliegen (Auflösung der Verlobung) eine billige Entschädigung in Geld verlangen.“ Doch der Bundestag befand im 1998, dass dieser „Kranzgeldparagraf“ frauenfeindlich sei. Wenn Sie heute im BGB blättern, steht bei § 1300 nur noch „weggefallen“.
Ja gibt es dann überhaupt noch Schadenersatz, wenn SIE doch lieber einen jüngeren Mann ehelichen möchte oder ER feststellt, dass er eigentlich ebenfalls auf einen jüngeren Mann steht?
Also da ist zunächst einmal § 1301 BGB, der bestimmt, dass beide sich zumindest die im Vertrauen auf die Ewigkeit gegebenen Geschenke zurückgewähren müssen – wir sprechen hier vor allem vom Verlobungsring.
§ 1298 sieht außerdem vor, dass auch andere „vergebliche Investitionen“ – sogar solche der Schwiegereltern in spe – zurückverlangt werden dürfen. Das gilt freilich nicht, wenn es einen wichtigen Grund dafür gab, die Verlobung zu lösen.
Solche Gründe erläutert uns der wichtigste Kommentar zum BGB, der „Palandt“ in seiner 75. Auflage unter § 1298, Randnummer 9: Untreue, Lieblosigkeit, Verzögerung der Eheschließung und – Dauerkrach mit den Schwiegerleuten. Also die echten Klassiker.
Doch wenden wir uns lieber wieder der romantischen Seite der Verlobung zu:
§ 383 ZPO und § 52 StPO sind beides Paragrafen, die bestimmen, dass Verlobte weder vor dem Zivil-, noch vor dem Strafrichter gegeneinander aussagen müssen.
Keine ist also verschwiegener, als eine Gangsterbraut.
Im Oktober 2014 stand die Freundin eines Messerstechers als einzige Zeugin der Anklage vor dem Amtsgericht Frankfurt und wollte ihren Liebsten nicht verpfeifen. Nachdem die Staatsanwaltschaft eine Stunde lang versucht hatte, sie weichzuklopfen, fragten sich die beiden spontan gegenseitig – mitten im Sitzungsaal, in Anwesenheit von Richterin, Protokollbeamtin, Staatsanwalt, Verteidiger, Nebenklage und Publikum: „Wollen wir heiraten“? Und nach dem „Ja“ sagte die Richterin nur noch kopfschüttelnd: „Dann sind Sie spätestens ab jetzt verlobt“. Ob die beiden glücklich wurden, ist nicht überliefert.
Mir bleiben an dieser Stelle meine herzlichen Glückwünsche an…na Ihr wisst schon wer.
Weitere Rechts-Kolumnen finden Sie unter: www.paprottas-paragrafen.de
Es sind noch keine Einträge vorhanden.